If they go wild, we go cool: Über die Kraft starker Narrative. Und warum das Augenblicksglück vieler Clicks wenig über das Vertrauen in CEOs aussagt.

18. Juli 2023
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Es ist Mitte Juli, und der Sommer steuert auf seinen Höhepunkt zu. In die aufsteigende Urlaubsstille hinein dröhnt noch einmal die Erinnerung an die Debattenkultur der letzten Monate. Die hätte auch einen (qualitativen) Anstieg gebrauchen können, meint man, bei all‘ den wichtigen Themen von (immer noch) Krieg, über (immer noch) Inflation bis hin zum aktuellen Aufreger: ChatGPT und die Frage, ob Arbeitsplätze schmelzen wie Eis in der Sonne. Positionierungschancen für CEOs also, wohin man schaut. Eigentlich.

Gleichzeitig gibt sich die Kommunikationslandschaft einer bedenklichen Paralyse hin: Während die Nachfrage nach ernsthaften Lösungen rasant steigt, stürzt die Qualität der öffentlichen Debatten im selben Tempo ab.

LinkedIn entgleitet immer mehr ins Seichte und dreht gleichzeitig irre auf. Mit sehr vielen, sehr betroffenen und mitteilungsbedürftigen Menschen. Und einst solide Wirtschaftsmedien wie das Manager Magazin rutschen auf dieser Seifenspur hinterher. Sie arbeiten sich an einem Begrüßungspost des neuen Thyssenkrupp-CEOs ab oder küren Teetrinken und Innehalten als relevante Effizienzhacks einer Top-Anwältin.

Das ist so simpel wie schrill

Und es stellt CEOs und deren Unternehmen vor echte Probleme. Sollen sie mitmachen im neuen Unterhaltungszirkus? Welche Themen sollen sie bespielen, wenn Flachheit das neue Sexy ist? Hört bei ernsten Debatten überhaupt noch jemand zu?

Die Antwort auf die letzte Frage lautet: Ja. Definitiv. Man könnte in Abwandlung eines berühmten Michelle Obama-Satzes sagen: „If they go wild, we go cool!“

Menschen wollen Lösungen sehen und hören. Dabei schlägt Substanz immer Taktik. So wie Konstanzimmer Sprunghaftigkeit aussticht. Dazu gehören eine eigene Haltung, etwas Mut und ein starkes strategisches Narrativ. Mit dessen Hilfe ziehen Entscheider eine nachhaltige Linie in öffentliche Debatten. Denn Narrative führen vom Situativen weg und hin zum Grundsätzlichen und zur echten Wirkung.

Strategische Narrative vereinen Unternehmens- und Kommunikationsstrategie

Beschrieben werden darin auf zwei bis drei Seiten die Ziele, Ambitionen, die (tieferen) Bedürfnisse und offenkundigen Bedarfe der wichtigsten Stakeholder, die wichtigsten Unternehmensinitiativen und Produkte, die verantwortlichen Bereiche etc. Generische Managementfloskeln oder Denglisch sind strikt verboten. Stattdessen gibt es verständliche Worte und einfache Hauptbotschaften.

Diese wiederum sind die Anknüpfungspunkte für den anschließenden Kommunikations- und Contentplan und das Business Storytelling in Analystenmeetings, Management Meetings, Videobotschaften und Townhall Calls für Mitarbeiter oder eben auch für die gesamte (sozial-) mediale Kommunikation.

Fünf Tipps für die erfolgreiche Umsetzung von strategischen Narrativen

Studien zeigen: Manager:innen sind nur dann erfolgreich, wenn sie auch soziale Kompetenzen aufweisen. Zur Führung von Menschen gehören nicht nur kognitives Können, Selbsterkenntnis und Empathie, sondern auch exzellente Kommunikation – beim Zuhören wie beim Senden.
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Konzentration auf die eigenen wirtschaftlich-gesellschaftlichen Prioritäten – Nur so geht die unternehmerische Stärke in echte Kommunikationswirkung über. Sie wird spürbar dringlich, kompetent und überzeugend. Sonst bleiben Botschaften beliebig und flach.
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Gleichzeitig klarer Blick auf die Dialogbedürfnisse aller Stakeholder – Unternehmensprioritäten sind nur dann relevant, wenn sie die unterschiedlichen Stakeholder und die angesprochene Öffentlichkeit auch erreichen und berühren. Der Lehrsatz „Kommunikation ist vom Empfänger und nicht vom Sender her zu denken“ gilt weiterhin.
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Qualität der Botschaft vor Menge des Outputs – „Nie war die Botschaft so wertlos wie heute“ titelte die Wirtschaftswoche 2018. Die Aussage schon damals: Jeder von uns wird mit täglich 10.000 bis 13.000 Werbebotschaften bombardiert. Über diese Zahl sind wir heute weit hinaus – und das bei kürzeren Aufmerksamkeitsspannen. Insofern gilt mehr denn je: Weniger ist mehr. Lieber einige, wenige messerscharfe Beobachtungen und Botschaften, die verfangen, als immer auf neue Themen aufzuspringen.
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Einfache, knackige Sprache – Wer wirklich gehört werden will und Menschen mitnehmen möchte – egal ob im Alltag oder in der Krise – muss seine Narrative überzeugend formulieren. Und das klappt nur in der emotionalen Sprache der Menschen, statt in der rationalen, rein Zahlen-getriebenen Sprache von Investoren und Aufsichtsräten.
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Bildhaft formulieren und Bilder zeigen – Eigentlich ein No-Brainer, sollte man meinen. Aber die Mehrheit der Texte für die Presse oder die Websites ebenso wie die Social Media-Posts vieler Vorstände sprechen eine andere Sprache. Sie wirken oft eckig und entlang der Konzerndenke entworfen statt aus der Perspektive der Menschen, die sie eigentlich erreichen sollen.
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LinkedIn-Posts schärfen durch ihre Kürze die Gesamtbotschaft

Klar wird seit Monaten über die Facebook-isierung von LinkedIn und die toxische Mischung aus Selfie- Liebe und austauschbarem Content gejammert. Und dennoch: Gut gemachte LinkedIn-Posts bieten bei der Schärfung der eigenen Botschaften mindestens drei Vorteile.
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Nach Corona wird neu verhandelt, was „das Unternehmen“ eigentlich ist. Viele Menschen arbeiten inzwischen hybrid. Für sie ist der Social CEO inzwischen der echtere als der, dem sie ansonsten in großen Unternehmen ohnehin so gut wie nie persönlich begegnet sind. Social Media wirkt also mindestens genauso stark nach innen wie nach außen.
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Gut gemacht sind Posts nachhaltig, nicht seicht-austauschbar. Was CEOs und Top-Entscheider in den maximal 3.000 Zeichen eines LinkedIn-Posts transportieren können, taugt sehr wahrscheinlich auch als Kernbotschaft bei Management-Meetings oder Medienterminen. Von einer 15-minütigen Rede sind oft nur drei Sätze relevant und interessant. Der Rest ist verbalisiertes Notwendiges.
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In der Krise ist Geschwindigkeit entscheidend – und das 24/7.Wird es in der Polykrise eng für Top-Entscheider, kann keiner auf lange Vorlaufzeiten und Abstimmungsschleifen mit klassische Wirtschaftsmedien warten. Geschwindigkeit ist hier ebenso King wie die Möglichkeit, selbst zu kuratieren. Zusätzlich gilt: Consistency is Queen; sprich die Chance, auf LinkedIn die zentralen Botschaften kontinuierlich zu wiederholen. Und eben nicht nur dreimal im Jahr in Handelsblatt und FAZ.
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Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Anzahl der Follower erhöht die Chance, gehört zu werden, aber kein Vorstand sollte zur bloßen Image-Politur auf kurzen Themen-Hypes surfen und auf kurzfristige Clicks schauen. Wer als Personen- bzw. Expertenmarke langfristig erfolgreich sein will, bestimmt zuerst seinen inhaltlichen Kern, seine Positionierung, seine Haltung, seine strategischen Narrative und bleibt dann dabei.

Sie suchen Beispiele für „Inspirational Leaders“, die ihre Narrative konsequent und erfolgreich umsetzen?

Von Mercedes-Benz bis zum Hamburger Verkehrsverbund: Konsequent durchgezogene Narrative

Ola Källenius, Mercedes-Benz, transportiert mit hoher thematischer Spurtreue – und damit kommunikativ wirkungsvoll und zugleich sozusagen energiesparend – seine Vision von „nachhaltigem Luxus“.

Tim Höttges, Deutsche Telekom, sorgt sichtbar, volksnah und verständlich für die Digitalisierung Deutschlands. Auf der Website wird die Telekom-Strategie übrigens vorbildlich kurz und in einfachen, menschennahen Worten dargelegt.

Für Topleute, deren Unternehmen nicht im DAX sind und damit automatisch im Rampenlicht stehen, könnten Torsten Leue, CEO des Versicherungskonzerns Talanx, und Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin beim Hamburger Verkehrsverbund, gute Referenzen sein.

Anna-Theresa Korbutt ist eine erfahrene und dynamische Verkehrsexpertin mit Karrierestationen beider Deutschen und Österreichischen Bahn. Nun entwickelt sie den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) weiter und bindet ihn in eine neue deutsche Verkehrspolitik ein. Die Mobilitätswende macht sie mit einer sympathischen Mischung aus professionell-persönlichen Überzeugungen und Erlebnissen und Sachentscheidungen nachvollziehbar.

Torsten Leues LinkedIn-Kommunikation ist unaufgeregt, textlich-visuell superklar gestaltet. Er spricht Themen, die er für strategisch wichtig hält, schnörkellos an. Zwei seiner Narrative zielen auf „Gemeinschaft“ und „Kultur“ ab. Das hört man eher selten und dürfte der Generation Z gefallen.

Es geht um echtes Vertrauen und nicht nur um Clicks

Um zum Ausgangspunkt “If they go wild, we go cool” zurückzukehren: Wenn viele andere die Lautstärke um sich herum hoch drehen, dann scheint es Überwindung zu kosten, sich auf die eigene Kombination aus Können, echten Überzeugungen und persönlicher Kommunikationsfähigkeit zu besinnen. Aber genau das ist der wirksamere Weg. CEOs, die das – beraten und unterstützt von ihren Kommunikationsteams – beherzigen, schaffen Konstanz, emotionale Bindungen und damit Vertrauen. Und das ist immer noch die wichtigste Währung in der Kommunikation. Denn Inspirational Leaders möchten gemeinsam mit anderen Menschen etwas im realen Leben bewegen. Nicht nur in Social Media. Dazu benötigen sie echtes Vertrauen über LinkedIn hinaus – und nicht nur das Augenblicksglück vieler Clicks.

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